06 Juni, 2015

Das Geräusch einer Schnecke beim Essen, Rezension

Elisabeth Tova Bailey
Das Geräusch einer Schnecke
beim Essen


176 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-492-30237-1
€ 8,99 (D)

auch als eBook erhältlich
Wie fängt man am Besten an, ein Buch zu beschreiben, das einen so begeistert hat und in dem es einfach nur um Schnecken geht? Hauptsächlich um eine Schnecke, mit einem unscheinbaren, braunen Schneckenhaus.

Elisabeth Bailey hat sich intensiv mit einer kleinen Waldschnecke und deren großer Verwandtschaft befasst und dabei eine intensive Zuneigung für sie entwickelt - und die steckt an.

Wie sich in einem kleinen Detail der Natur die Vielfalt des gesamten Lebens finden lässt.

Durch eine Krankheit ist die Journalistin Elisabeth Bailey ans Bett gefesselt. Als sie von einer Freundin eine Topfpflanze geschenkt bekommt, unter deren Blättern eine Schnecke sitzt, beginnt sie diese zu beobachten. Nachts wird ihr neues Haustier aktiv, fährt seine Fühler aus, geht auf die Jagd und vollführt seltsame Rituale. Fasziniert beschäftigt sich Bailey mit Biologie und Kulturgeschichte der Schnecke und erfährt Verblüffendes über ein unterschätztes Lebewesen. (Piper)

Nach einer kurzen Einleitung, in der man einen ersten, noch unvollständigen Eindruck der Schwere der Erkrankung der Autorin bekommt und auch die Umstände erfährt, unter denen sie erkrankte - das Ganze wird recht kurz und ohne jedes Selbstmitleid erzählt - kommt man sogleich zum Wesentlichen: der Schnecke.
Von einer Freundin der Autorin zur Unterhaltung mitgebracht, verbringt sie ihre ersten Tage im Blumentopf auf und unter einem Veilchen. Sie zeigt dabei allerlei Eigenheiten, die ich nicht vorwegnehmen möchte. Man bekommt jedoch den Eindruck, es mit einer echten Persönlichkeit zu tun zu haben.

Mit viel Sprachgefühl schildert die Autorin, wie die Schnecke ihre Umgebung erkundet, auf Neues reagiert, trinkt, frisst und schläft. Dabei konnte ich die kleine Schnecke mit ihrem braunen Häuschen und ihren wedelnden Fühlern stets vor mir sehen. Diese Beschreibungen sind so faszinierend, dass ich mir am liebsten auch sofort eine Schnecke aus dem Wald geholt hätte.

Um ihrem neuen Haustier gerecht zu werden und die eigene Neugier zu befriedigen, liest sich Elisabeth Bailey in die Materie ein und teilt in unterhaltsamen Kapiteln allerhand Trivia. Was machen Schnecken im Winter? Welche Sinne haben sie? Und wie konnte sich so ein kleines, langsames Lebewesen eigentlich über die ganze Erde verbreiten, selbst auf Inseln?

Ein jeder Teil des Buches und jedes Kapitel wird mit einem Zitat eingeleitet. Sei es aus A History of the Earth and Animated Nature von Oliver Goldsmith, ein Haiku oder etwas aus der Feder von Rainer Maria Rilke: Ein jedes Zitat zeichnet ein anderes Bild und weckt neue Gedanken im Leser. Zugleich illustrieren sie hervorragend, wie viele Menschen sich bereits ebenfalls voller Faszination mit diesen schleimigen kleinen Wirbellosen befasst haben.

Schleim ist übrigens ein gutes Stichwort, denn für manche Kapitel braucht der Leser einen starken Magen. Etwa, wenn es um die verschiedenen Arten von Schneckenschleim geht - oder um das Paarungsverhalten. Manche Dinge kann man eben nicht ansprechen, ohne sie auszusprechen.
Man liest jedoch auch über kuriose Versuchsreihen, erstaunliche Wesenszüge der Schnecken und wie sie Darwin fast in den Wahnsinn getrieben hätten. Obwohl man es nicht erwartet, ist das Buch durchaus witzig. An einer ganz besonderen Stelle (S.82, ein Zitat von A.D. Bradshaw) musste ich furchtbar lachen und muss es jetzt noch, wenn ich daran denke.

Am Ende folgt nicht nur eine sehr tierliebe Anleitung zur vorübergehenden Haltung eine wilden Schnecke in einem Terrarium, sondern auch eine seitenlange Liste mit Quellenangaben und weiterführender Literatur über Schnecken.

Aufmachung
Das schlichte, unlackierte Cover ist ganz zart grün und besteht aus einem feinen Karton mit samtiger Oberfläche. Die Innengestaltung ist extrem feinsinnig, überaus gelungen und eine Freude, zu lesen. Wenn überhaupt, so finde ich die Seitenränder in ihrem Verhältnis etwas unausgewogen, jedoch nicht störend.

Fazit
Wow, wie kann man über Schnecken nur so unterhaltsam schreiben? Sollte Elisabeth Baileys nächstes Buch von Moos handeln, ich würde es noch heute vorbestellen.


„Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“ könnt ihr unter anderen hier bestellen.

Das Rezensionsexemplar wurde mir freundlich zur Verfügung gestellt vom Piper Verlag.

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